Archive für den Monat: Februar 2023

Die bisherige Kommunikation ist hier in einem Schaubild kurz skizziert:

Hier noch der in Teilen gekürzte Wortlaut der Antwort vom 31.12. auf das Schreiben der Gemeinde:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, lieber Jan,

mit Schreiben vom 21.12.22 hast Du den Ortsvorstehern mitgeteilt, dass die Gemeinden seitens des Kreises dazu aufgefordert wurden, mögliche Standorte mit einer Grundfläche von mind. 3.000 qm für die Unterbringung von Geflüchteten in Containern zu benennen. In diesem Schreiben wird für Eisenbach der noch unbebaute Bereich unterhalb des Kindergartens als möglicher Standort für ein Containerdorf aufgeführt, dieser wurde neben zwei weiteren als Vorschlag seitens des Gemeindevorstands beschlossen. (...)

Vorab: Ich halte den vorgeschlagenen Standort in Eisenbach für ungeeignet. Das Gelände liegt in einem Neubaugebiet und ist von teilweise noch nicht angelegten oder zur Gänze fertiggestellten Häusern und Grundstücken umgeben. Somit ist zu erwarten, dass hier weiterhin Baumaßnahmen mit den entsprechenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub, An- und Abfahrt von Baumaschinen und LKW durchgeführt werden. Zudem sehe ich die geplante Errichtung eines Containerdorfes aus folgenden Gründen äußerst kritisch:

  • Menschen auf längere Dauer in Containern unterzubringen, finde ich an sich absolut unwürdig.
  • (...)
  • Standortwahl: Wenn die Unterbringung in Containern an sich schon kaum erträglich scheint, so ist eine Platzierung in direkter Nachbarschaft zu neu gebauten Ein- und Zweifamilienhäusern aus meiner Sicht psychologisch völlig inakzeptabel. Noch deutlicher kann man Menschen das "Wir da oben - ihr da unten"- Prinzip wohl kaum vor Augen halten.
  • Aber auch umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn denjenigen, die dort nach reiflicher Überlegung und langer sowie teurer Bauzeit nun auf längere Dauer ein Containerdorf vor die Nase gestellt wird, konterkariert man die bisherige, sehr erfolgreiche und effiziente Flüchtlingspolitik der Gemeinde und die Bemühungen um reibungslose Integration. (...)
  • Kosten: Das Baugrundstück ist vorhanden und in Gemeindebesitz. Dennoch müssen (durch den Kreis?) Container beschafft und die notwendigen Anschlüsse (Strom, Wasser etc.) vorgenommen werden. Diese Kosten wüsste ich gerne beziffert, denn nur so ist es möglich, anderweitige Möglichkeiten im vergleichbaren Rahmen auszuloten und vorzuschlagen. Viele Beispiele zeigen, dass die provisorische Unterbringung nicht unbedingt billiger ist, als der Ankauf oder die Pacht von vorhandenen, leerstehenden Gebäuden in erträglichem Zustand. Warum fokussiert sich der Kreis nun auf Container? https://www.blick-aktuell.de/Politik/Containerdorf-als-Fluechtlingsunterkunft-kostet-mit-Herrichtung-eine-Million-Euro-534268.html / https://www.rhein-zeitung.de/region/aus-den-lokalredaktionen/oeffentlicher-anzeiger_artikel,-was-kostet-ein-containerdorf-beigeordneter-nies-bin-froh-wenn-es-nur-siebenstellig-wird-_arid,2394309.html / https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/containerdorf_bergwerk_duhamel_gefluechtete_100.html / https://www.focus.de/finanzen/news/xxx-begehrte-container-geschaeft-mit-notunterkuenften-blueht_id_4682020.html
  • Verfügbarkeit: Stehen überhaupt ausreichend Container zur Verfügung, die den Ansprüchen an eine dauerhafte Unterbringung gerecht werden und welches Unternehmen könnte die Umsetzung des Vorhabens realisieren? Bis wann könnte dies geschehen?
  • Dimension des Bauvorhabens: Von wie vielen Containern sprechen wir eigentlich und welche Anzahl an Geflüchteten soll dort untergebracht werden?
  • Energetische Aspekte: Die Sommer werden auch in unserer Kommune immer heißer. In Containern dürfte dies noch wesentlich deutlicher und unangenehmer empfunden werden, als in Gebäuden herkömmlicher Bauweise. Gleiches gilt für die Beheizung im Winter. Außerdem: Selters trippelt mit ersten zaghaften Schritten in Richtung einer Klimakommune. Eine Containersiedlung ist auf diesem Wege wohl kaum zielführend. (Okay, aus altruistischer Sicht scheint letzteres Argument vernachlässigbar, aber vor dem Hintergrund des Klimawandels und unser aller Beitrag zur Erhaltung eines lebenswerten und lebensfreundlichen Planeten kann man diesen Punkt m. E. durchaus erwähnen)
  • Perspektivische Nutzung: Das genannte Grundstück war ursprünglich für eine mögliche Erweiterung des Kindergartens vorgesehen. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage gehe ich zwar nicht von einer Realisierung in der allernächsten Zukunft aus, dennoch sollte diese Option gewahrt werden, sonst sind wir bei etwaigen Bedarfen auf Jahre handlungsunfähig.
  • Fazit: Weder das Konzept von "Containerdörfern", noch die ins Auge gefasste Umsetzung, noch der Standort überzeugen mich und ich lehne diese Entwürfe strikt ab. Für eine konkrete Beurteilung der Sachlage und zielführende Beratungen hinsichtlich alternativer Konzepte liegen außerdem derzeit zu wenig Informationen vor (Anzahl der unterzubringenden Menschen, Umsetzungszeitraum, Kostenschätzungen, mögliche Fördermittel etc.).

(...)

In dem Schreiben wird darum gebeten, eventuelle Alternativen zu benennen, bitte sehr: Folgendes Objekt (im Original war hier ein Link zum Haus Waldfrieden über Immoscout eingefügt) in Eisenbach könnte sich u. a. evtl. anbieten, denn als ehem. Erholungs- und Schulungsstätte verfügt es über 20 Zimmer, Gemeinschaftsküche und -räume, Sanitäranlagen sowie Stellplätze. Sicherlich bedarf es einiger Modifikationen und partieller Sanierung / Renovierung, dennoch sollte der Erwerb bzw. die Anmietung zum Zwecke der Unterbringung Geflüchteter zumindest in Betracht gezogen und geprüft werden. Ein Nachteil ist die Ortsrandlage, dies ist im Sinne der Integration nicht optimal. Die ortsansässigen Geschäfte und ein Spielplatz sind aber fußläufig erreichbar. Man könnte es dem Kreis ja zumindest vorschlagen.

Ich bitte um Benachrichtigung bzgl. des weiteren Vorgehens und die enge Einbeziehung des Ortsbeirates in die künftigen Planungen. Vielen Dank.

Gerne bin ich bereit, diese Debatte auch direkt mit den zuständigen Stellen des Landkreises zu führen.

Herzliche Grüße

Lo Siegmund